Liebe Aniston,
Du schreibst, Mars war mit der Häufigkeit der Treffen unzufrieden - oh nein, das ist ein Mißverständnis! Er wollte mich von Anfang an jeden Tag sehen, und so ist es auch gelaufen. Häufiger geht´s dann ja wohl kaum...
Wenn ich mal gesagt hab, Du, ich brauch mehr Zeit für mich... dann gab´s immer Diskussion, warum und wieso und was ich denn so wichtiges machen wollte, wo er nicht dabei sein sollte. Ich hab versucht, ihm das zu erklären, aber er hat es nicht verstanden. Sein Argument war immer: "Aber das kannst Du doch auch machen, wenn ich da bin..."
Wenn ich mich wirklich mal durchgesetzt hab, dann gab´s Geschmolle oder "Aber dann telefonieren wir wenigstens!" - und ich saß entweder allein zuhause und konnte meine "freie Zeit" nicht genießen, weil ich ein schlechtes Gewissen hatte, oder weil Mars dauernd anrief: "Was machst Du denn grade?"
Ich hätte mir von ihm gewünscht, daß er mich auch mal "von sich aus" alleine was machen läßt, einfach weil er wußte, daß ich das brauche. Das meinte ich mit Verzichten. Er wußte aber auch, daß er schon irgendwie das bekommen würde, was er wollte - auch wenn das bedeutete, daß ich nachgeben und mich "verbiegen" mußte. Und das hat er in Kauf genommen.
Wie ich schon sagte, Verbiegen hat viele Härtegrade. Andere gehen mit in den Swingerclub oder machen Analsex oder ziehen sich anders an, ziehen in eine Stadt, die ihnen nicht gefällt, kriegen Kinder, obwohl sie nicht wollen - oder verzichten auf Kinder, obwohl sie welche wollen... mutieren vom Vamp zum braven Mädchen oder von der Karrierefrau zum Hausmütterchen... Da sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt.
Daß das eine Beziehung schwierig macht, da stimme ich zu. Aber ob ich gleich von Beziehungsverweigerung sprechen würde? Derjenige, der sich verbiegt, tut das ja, weil er glaubt, dadurch würde die Beziehung besser laufen. Es ist also eher vielleicht eine Weigerung, sich mit Schwierigkeiten auseinanderzusetzen - oder eine Weigerung, sich selbst so anzunehmen, wie man ist, aus Angst, dann nicht liebenswert zu sein oder - aufgepaßt - als egoistisch zu gelten.
Ich finde die Schuldfrage deshalb auch so problematisch, weil in einer Beziehung sich natürlich jeder so geben sollte, wie er wirklich denkt und fühlt - gleichzeitig sich aber auch jeder Mühe geben sollte, dafür einen fruchtbaren Boden zu bereiten. Dazu gehört, dem andern das Gefühl zu geben, daß er sich so geben darf, wie er denkt und fühlt. Und damit sind wir doch beim Ei und der Henne wieder angekommen, oder?
Ich verweigere Beziehungen momentan ganz aktiv, und zwar wahrscheinlich genau dadurch, daß ich mich so gebe, wie ich wirklich bin. Mit so einem Monster will niemand zusammensein.

Aber das macht nix. Hauptsache, ich bin mit mir im Reinen.
Sorry, ich muß dauernd an Annett denken "...ich war die Elfe mit gesenktem Blick, doch das war nur n Trick, damit ich Dich krieg... - uuuuuund jeeeetzt, möchte ich, daß Du mich liebst, wie ich wirklich bin, und mir all meine albernen Macken vergibst, meine Fehler..."
Wenn ich so drüber nachdenke, aus der Sicht von Tsunami z.B. - ich würde nicht wollen, daß mein Partner sich verbiegt. Aber ich glaube auch, ich würde es merken... Keine Ahnung, vielleicht ist das anmaßend von mir. Vielleicht können Männer auch bloß nicht so gut schauspielern wie wir Frauen oder halten nicht lang genug durch. Keine Ahnung.
Liebe Grüße, Simone